Ab dem 1. Januar 2022 greift die neue Rechtslage der Wegzugsbesteuerung

Übersicht – Allgemeines zur deutschen Wegzugsbesteuerung

Verzieht eine in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtige Person ins Ausland und ist diese an einer Kapitalgesellschaft beteiligt, so kann es zur Anwendung der sog. Wegzugsbesteuerung kommen. Dies hat zur Folge, dass der Wertzuwachs der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft der Einkommensteuer in Deutschland unterworfen wird. Dies gilt ungeachtet davon, ob es sich um eine in- oder ausländische Kapitalgesellschaft handelt.

Des Weiteren kommt die Wegzugsbesteuerung auch zur Anwendung bei der Übertragung von Kapitalgesellschaftsanteilen auf eine in Deutschland nicht unbeschränkt steuerpflichtige Person. Dies spielt insbesondere auch bei Erbfällen mit im Ausland ansässigen Erben eine bedeutende und häufig übersehene Rolle.

Schlussendlich kann der Ausschluss oder die Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Kapitalgesellschaftsanteile zu einer Wegzugsbesteuerung führen.

Persönliche Voraussetzungen – Bei wem kann es zur Anwendung der Wegzugsbesteuerung kommen?

  • Natürliche Personen, welche innerhalb der letzten zwölf Jahre mindestens sieben Jahre in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtig waren (Wohnsitz oder gewöhnlicher Aufenthalt in Deutschland). Hierbei werden alle Zeiträume innerhalb dieser zwölf Jahre zusammengerechnet, in denen eine unbeschränkte Steuerpflicht bestand.
  • Aufgabe des Wohnsitzes oder des gewöhnlichen Aufenthaltes in Deutschland und hierdurch Beendigung der unbeschrankten Steuerpflicht in Deutschland
  • Alternativ: Das deutsche Besteuerungsrecht hinsichtlich des Gewinns der Anteile an der Kapitalgesellschaft wird beschränkt oder ausgeschlossen (bspw. durch Verlagerung des Mittelpunks der Lebensinteressen in Ausland und dadurch Verlagerung der abkommensrechtlichen Ansässigkeit ins Ausland).

Sachliche Voraussetzungen – Welche Anteile fallen unter den Anwendungsbereich der Wegzugsbesteuerung?

  • Unmittelbare Beteiligung an einer in- oder ausländischen Kapitalgesellschaft in Höhe von mindestens 1%.
  • Bestehen der Beteiligung in den letzten fünf Jahren zu irgendeinem Zeitpunkt (auch wenn die Beteiligung im Zeitpunkt des Wegzugs weniger als 1% beträgt, so ist der Wertzuwachs zu versteuern).
  • Beteiligung an der Kapitalgesellschaft wird im Privatvermögen gehalten.

Rechtsfolgen – Konsequenzen der Anwendung der Wegzugsbesteuerung

  • Sind die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen der Wegzugsbesteuerung erfüllt, so wird der Wertzuwachs der Kapitalgesellschaftsanteile der deutschen Besteuerung unterworfen.
  • Der Wertzuwachs ist grundsätzlich die Differenz zwischen den Anschaffungskosten und dem gemeinen Wert der Anteile im Zeitpunkt des Wegzugs.
  • Die Besteuerung des fiktiven Veräußerungsgewinns unterliegt dem sog. Teileinkünfteverfahren, wonach 40% steuerfrei sind und 60% der deutschen Einkommensteuer unterliegen (korrespondierend sind entsprechende Abzüge nur in Höhe von 60% möglich).

Ausnahme bei vorübergehendem Wegzug (sog. „Rückkehrerregelung“)

  • Erfolgt der Wegzug ins Ausland nur vorübergehend und wird innerhalb von sieben Jahren nach Wegzug wieder eine unbeschränkte Steuerpflicht in Deutschland begründet, so entfällt ggfs. der Besteuerungsanspruch aus der Wegzugsbesteuerung.
  • Wenn die Absicht zur Rückkehr unverändert fortbesteht, kann die Frist von sieben Jahren durch das Finanzamt maximal um weitere fünf Jahre verlängert werden.
  • Für die Anwendung der Rückkehrerregelung gilt es zu beachten, dass die Anteile während der vorübergehenden Abwesenheit weder veräußert, übertragen noch in ein Betriebsvermögen eingelegt wurden, keine Gewinnausschüttung oder eine Einlagenrückgewähr erfolgt sind deren gemeiner Wert insgesamt mehr als ein Viertel des gemeinen Wertes der Anteile im Zeitpunkt der Veräußerungsfiktion beträgt sowie dass das Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland hinsichtlich des Gewinns aus der Veräußerung der Anteile mindestens in dem Umfang wieder begründet wird, wie es im Zeitpunkt der Beendigung der Steuerpflicht bestand.

Neue Wegzugsbesteuerung greift auch bei Wegzug ins EU/EWR-Ausland

Stundung

  • Kommt es zur Anwendung der Wegzugsbesteuerung, so kann die festgesetzte Steuer auf Antrag in sieben gleichen Jahresraten gegen Entrichtung einer Sicherheitsleistung beglichen werden.
  • Hierbei ist zu beachten, dass die Ratenzahlung in gewissen Situationen widerrufen werden kann. Dies ist bspw. der Fall, wenn die Rate nicht fristgemäß entrichtet wird, die Anteile veräußert oder übertragen werden oder soweit eine Gewinnausschüttung oder eine Einlagenrückgewähr erfolgt und deren gemeiner Wert insgesamt mehr als ein Viertel des gemeinen Wertes der Anteile im Zeitpunkt der Veräußerungsfiktion übersteigt.

Nach der neuen Regelung gibt es keine dauerhafte Stundung der Wegzugssteuer mehr.

Ist ein Wegzug ins Ausland geplant und werden Anteile an einer Kapitalgesellschaft gehalten, sprechen Sie uns gerne bezüglich des Risikos und eventueller Vermeidungsstrategien der Wegzugsbesteuerung an. Fragen der Wegzugsbesteuerung sollte stets frühzeitig in potentielle Umzugsplanungen ins Ausland mit einbezogen werden.

* Die aufgeführten Inhalte spiegeln den jeweiligen Rechtsstand wider. Es handelt sich hierbei um keine aktive Beratung. Die Dokumente sollen Ihnen als Informationen dienen. Wir empfehlen Ihnen jedoch dringend vor einer Umsetzung einen Steuerberater zu konsultieren. Gerne stehen wir Ihnen hierfür auch gerne zur Verfügung.

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Dr. Benjamin S. Cortez

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